Ich kenne einige Störungen an herkömmlichen ISDN- und POTS-Anschlüssen:
Da wird auf einmal die Leitung unterbrochen oder der Ruf geht ins Leere.
Welche "Leitung" wird da unterbrochen? Die vom Teilnehmer zur Vermittlungsstelle oder die zwischen den Vermittlungsstellen von Teilnehmer 1 und Teilnehmer 2? Wenn letzteres, dann eignet sich das nicht zum Vergleich VoIP-ISDN. Grund: bei den Verbindungen
zwischen den Vermittlungsstellen (die bei einem VoIP-Netz den VoIP-Gateways bzw. SIP-Servern entsprechen) sind ISDN- und IP-Netze vergleichbar komplex und demzufolge auch vergleichbar störanfällig. Dass es da auch bei ISDN mal zu Unterbrechungen kommen kann, ist nicht weiter verwunderlich.
Außer zu Störungen auf den Verbindungen zwischen den Netzknoten kann es aber noch zu Störungen auf der "letzten Meile" kommen. Und genau da wird es auch kritisch, denn von allen Netzabschnitten enthält die "letzte Meile" den am wenigsten breitbandtauglichen Abschnitt, nämlich die CuDA. Wenn man sich jetzt vor Augen hält, dass eine ISDN-Verbindung viel weniger Anforderungen an die Breitbandtauglichkeit stellt als eine IP-Verbindung (wie sie für VoIP zwingend benötigt wird), dann sollte einem auch einleuchten, warum ISDN da im Vorteil ist. Ein weiterer, drastischer Vorteil von ISDN ergibt sich aus der Länge und Beschaffenheit der "letzten Meile". Beim ISDN-Anschluss beginnt die "letzte Meile" am NTBA beim Teilnehmer und endet am Verteilerschrank in der VSt. Sie ist im Idealfall nur ein paar 100m lang und besteht aus schlichtem, passivem Kupferdraht. Auch bei einem VoIP-Anschluss beginnt die "letzte Meile" beim Teilnehmer, nämlich bei dessen VoIP-Wandler. Sie endet aber nicht schon nach ein paar 100 Metern, sondern u. U. erst nach vielen 100 Kilometern am SIP-Gateway. Und auf dieser Strecke besteht die "letzte Meile" auch nicht nur aus einfachem Kupferdraht, sondern aus hochkomplexer Breitband- und IP-Netzwerktechnik mit vielen aktiven Komponenten. Und genau das ist der Grund dafür, warum die "letzte Meile" eines VoIP-Anschlusses viel störanfälliger ist als die eines PSTN-Anschlusses. Unterm Strich bedeutet das nichts anderes, als dass ein VoIP-Anschluss weniger zuverlässig ist als ein PSTN-Anschluss. Das kann man auch in nahezu jedem Artikel, der sich mit den Vor- und Nachteilen von VoIP befasst, nachlesen.
Na und? Da wird mal eben zurück gerufen ("wir wurden gerade getrennt") bzw. noch mal angerufen und schon klappt es wieder. Es ist i.d.R. kein Grund, nervös zu werden.
Störungen machen mich nicht nervös, aber sie ärgern mich. Und der Ärger wird umso größer, je vermeidbarer eine Störung ist.
Meine Erfahrungen mit meinen eigenen und fremden analogen und ISDN-Anschlüssen besagen, dass Störungen bei diesen eine absolute Ausnahmeerscheinung sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass man den Hörer abnehmen und bei Bedarf auch stundenlang am Stück telefonieren kann, ohne dabei unterbrochen zu werden, liegt bei PSTN bei nahezu 100%. Das betrachte ich als "State of the Art" und daran messe ich alle anderen Technologien. Angesichts meiner eigenen Erfahrungen mit VoIP (wieder mit eigenen und fremden Anschlüssen), aber auch der unzähligen Berichte über VoIP-Probleme in diesem und in anderen Foren kann ich nur konstatieren: VoIP ist noch lange nicht "State of the Art". Es geht besser.
Grüßle
Der Mikrogigant