Bleiben wir doch der Einfachheit halber mal bei ISDN. Bei analogen Teilnehmern beruht ja heutzutage auch alles im Hintergrund der Vermittlungsstelle auf ISDN-Technik, nur, dass der a/b-Wandler bzw dessen protokolltechnische und elektrische Nachbildung schon in der Vermittlungsstelle mit auf einer der Platinen hockt.
Zur Herstellung einer Verbindung zwischen einem Analogtelefon auf Teilnehmerseite und einer analogen Vermittlungsstelle bedarf es eines passiven Drahtes, mehr nicht.
Zur Herstellung einer Verbindung zwischen einem VoIP-Telefon und dem SIP-Server bedarf es zusätzlich zum Draht noch funktionierender DSL-Hardware auf beiden Seiten sowie providerseitig diverser IP-Netzwerkkomponenten.
Zur Herstellung einer ISDN-Verbindung hingegen (halt, um mehr als nur 1 Gespräch parallel führen zu können) benötigt man neben der Technik in der Vermittlungsstelle auch noch die Vermittlungstechnik NTBA beim Kunden sowie i.d.R. auch noch a/b-Wandler usw. Die div. Netzwerkkomponenten beim IAD sind nebenbei nicht notwendig, was man benötigt, um 1..2 analoge Fons anzuschließen ist nur das IAD. Der Unterschied ist nicht frappierend.
Ohne diese Komponenten kommt kein einziges VoIP-Paket beim SIP-Server an. Außerdem garantiert selbst einwandfreie technische Funktion dieser Komponenten keine störungsfreie Übertragung. Speziell DSL-Verbindungen können auch durch äußere Einflüsse gestört sein. Wenn das der Fall ist, ist die Folge dieselbe wie eine gekappte TAL bei PSTN: man kann nicht telefonieren. Eine PSTN-TAL kann man aber nur durch mechanische Gewalt kappen. Eine VoIP-"TAL" lässt sich auch vollkommen zerstörungsfrei "kappen". Ein Sync-Verlust des DSL-Modems reicht schon aus. Auch fehlende Bandbreiten-Reserven auf irgendeinem der beteiligten Netzabschnitte, Routing-Probleme und andere, typische Widrigkeiten in IP-Netzen können VoIP-Verbindungen beeinträchtigen. Alles Dinge, die den einfachen, passiven Kupferdraht einer PSTN-TAL vollkommen kaltlassen.
Ich kenne ISDN-Leitungen in der Pampas (zu wenigen meiner Kunden), die nur so vor sich hin rauschen, knistern und oft Gesprächsabbrüche nach sich ziehen. Also auch nicht so stabil, wie es in der Regel der Fall ist. Auch ein NTBA lässt sich verbindungsfrei "kappen", es benötigt nur ausreichend Störpotential auf der Leitung bzw eine falsche Konfiguration zum Verbindungsauf- bzw abbau und nichts geht mehr. Auch diese Dinger laufen intern hin und wieder mal Amok. Oft genug gibt es hier Berichte, dass ein ausgetauschter NTBA die Leitung wieder stabilisiert bzw erst verfügbar macht.
Ach ja, in der Regel sind auch DSL-Verbindungen sehr stabil. Was das QoS angeht: Da wird viel schon optimiert und die Tendenz ist weiter ansteigend.
Aufgrund des erheblich höheren technischen Aufwands zum Transport eines VoIP-Pakets vom (VoIP-)Telefon zum SIP-Server ist dieser Vorgang vielfach störanfälliger als der Transport eines Telefonsignals vom analogen Telefon zur Vermittlungsstelle.
Damit kommen wir also wieder zur Technik hinter der Doppelader, der Vermittlungstechnik. Das Handling der VoIP-Pakete ist nur eine Frage des richtigen Protokolls, nicht des Transportweges. Einmal richtig eingestellt ist es nicht aufwändiger, als das richtige Protokoll der Sprachpakete im echten Glasfaser-Telefonnetz. Dass hier bei VoIP ein weiterer Layer und damit eine weitere Störquelle, nämlich die des IP-basierten Paket-Handlings darunter liegt, bestätigte ich ja schon.
Ein DSL-Signal ist dagegen erheblich schwieriger zu handeln, denn es werden Frequenzen in einem Bereich genutzt, für den Kupferdoppeladern eigentlich nicht geeignet sind. Man muss einige technische Klimmzüge unternehmen, damit die für VoIP nötigen Datenraten überhaupt über einen einfachen Draht realisierbar sind. Das erhöht die Komplexität und damit die Störanfälligkeit weiter. Ein ISDN-Anschluss mit Sync-Problemen ist mir jedenfalls nicht bekannt, während Resyncs bei DSL zum Alltag gehören.
Jupp, die Technik einmal zu entwickeln, war enorm aufwändig. Das mit den ungeeigneten Frequenzen dachte man übrigens schon bei der Einführung der ersten Modems - mehr als 300, dann 1,2 kBaud, später 2,4 kBaud und die dazugehörigen Frequenzbänder waren am Anfang nicht denkbar und zum Schutz der Leitungen von der Telefonbehörde untersagt. DSL-Resyncs hingegen sind auch heute nicht der Alltag. Wenn aber mal erforderlich, dann verbindet sich alles andere im Hintergrund automatisch wieder mit den richtigen Gegenstellen. Somit stellt das wenn überhaupt nur einen kurzen Ausfall dar. ISDN aus den Anfangstagen kenne ich übrigens als massiv anfällig. Da kamen schon mal 2..3 Techniker um nach Tagen einen einzelnen NTBA anzuschließen, die Telefonleitungen im gesamten Haus auszumessen um dann irgendwann das ISDN lauffähig und halbwegs stabil zu haben. Ich kenne noch einige ISDN-Fons,. die einen täglichen Restart brauchten, um überhaupt noch funktionieren zu können. (Ein altes Teles-Ding habe ich hier noch rumfliegen
)
Und nun geht es dank entwickelter und verfügbarer Technik im höherfrequenten Bereich weiter. Dass eine Doppelader pauschal nicht dafür geeignet ist, ist nebenbei ein Gerücht. Alleine schon der verdrillte Aufbau und die damit zusammenhängende recht konstante Impedanz sorgt für Entkopplung vor Störungen ist heute noch in vielen Bereichen absoluter Standard - schau Dir mal Dein Netzwerkkabel an. Das ist genauso aufgebaut und da behauptest Du ja auch nicht, es sei für 100MBit/1GBit ungeeignet. PLC ist ungeeignet, weil der Aufbau grundverschieden ist (nicht verdrillt), die Störeinstreuung massiv, da für andere Zwecke installiert und
genutzt... Das alles gilt aber nicht für die TAL.
Hinzu kommt, dass die DSL-Strecke nur ein kleiner Teil einer VoIP-"TAL" ist. Wenn die VoIP-Pakete beim DSLAM angekommen sind, sind sie noch lange nicht an der eigentlichen "Vermittlungstechnik" (dem SIP-Server) angekommen. Auf ihrem Weg dorthin müssen sie zusätzlich noch eine ganze Netzwerk-Infrastruktur mit allem Pipapo durchlaufen, wo weitere Störquellen lauern. Das PSTN-Pendant zum SIP-Server, nämlich die Vermittlungstechnik in der VSt, befindet sich dagegen direkt am Ende der TAL. Ein PSTN-Signal muss nicht noch weitere Netzwerk-Infrastruktur durchlaufen, bevor es ins Telefonnetz eingespeist werden kann. Also fallen einige Störquellen weg.
Damit sind wir also wieder einmal bei dem grundlegenden und kompletten Netzaufbau vom Teilnehmer bis hin ins Telefonnetz. Der Weg vom Netz zum anderen Teilnehmer ist dementsprechend anders herum.
Ein paar dieser von Dir genannten Störquellen kommen direkt hinter der Vermittlungsstelle wieder dazu. Beim herkömmlichen Festnetz haben wir (bei ISDN) einen kleinen Teil der Vermittlungstechnik beim Kunden, eine TAL, viel Vermittlungstechnik beim Telco sowie das große Glasfasernetz, mit dem die Vermittlungsstellen strukturiert vernetzt sind.
Bei VoIP haben wir einen größeren Teil der Vermittlungstechnik beim Kunden, eine TAL, die Überführung ins Netz des Telcos oder freie Internet, das dahinter hängende rein ip-basierende Internet, die (SIP-) Vermittlungsserver sowie weiteres Netzwerk. Der Aufbau besteht also im Grunde genommen aus einer Verlagerung eines Teils des Netzes auf die TAL/DSLAM-Technik, die beim Telco hinter der Vermittlungsstelle hängt..
Nein. Bei ISDN wird mit erheblich niedrigeren Frequenzen gearbeitet als bei DSL, ISDN passt daher besser zu den physikalischen Eigenschaften einer CuDA und ist daher störsicherer. Außerdem erfolgt bei ISDN nur eine PCM-Wandlung und Kompression, bei VoIP dagegen zusätzlich eine (wesentlich aufwendigere) Wandlung in IP-Pakete. Ein NTBA ist Pillepalle im Vergleich zu einem VoIP-IAD.
Siehe oben: Nein, es gab Zeiten, da war das Maximum der festgelegten Bandbreite 300 Baud bis die Post eingesehen hat, dass das Kabel mit der richtigen Technik viel mehr kann. Dieses Mehr an Bandbreite ist inzwischen sehr weit ausgereift. Die physikalischen Möglichkeiten zu erkennen und zu nutzen ist das Ziel. Bei Festplatten usw macht man es ja auch so, oder hantierst Du immer noch mit 8"-Disketten und Magnetbändern der Steinzeit, weil mehr damals nicht ging?
Zur einfachen PCM-Wandlung mit Kompression: Dir ist schon klar, dass auf dieser einen Doppelader 3 Kanäle fullduplex parallel laufen? Dass da verschiedenste Dienste parallel kommunizieren? Also eine einfache PCM-Wandlung sieht imo anders aus. Im Grunde genommen hast Du aber Recht und damit das Problem auf den Punkt gebracht: DSL ist (noch) die neuere Technik, die noch die eine oder andere Schwachstelle hat. ISDN hingegen mit dem ebenfalls aufwändigem Protokoll (alleine schon auf dem D-Kanal) ist inzwischen soweit in die Chips gegossen, bzw in ausgereiften Treibern vorhanden, dass diese unproblematischer geworden ist. Wäre diese simple "PCM-Wandlung" aber von vorne herein so simpeln dann frage ich mich: Warum hast es nach Erfindung des ISDN,der ISDN-TK-Anlagen, Fritzboxen und IADs so lange gedauert, bis ISDN-Nebenstellen in diesen verfügbar wurden? Sogar ein ISDN-Spezialist wie AVM hat lange gebraucht, um eine 5012, 5050 bzw 7050 auf den Markt zu bringen.
Ich habe aus eben diesem Grund bewusst die "Endgeräte" auf beiden Seiten (also Teilnehmer und Provider) aus meiner Betrachtung herausgelassen und nur die reine Verbindung zwischen diesen Endgeräten betrachtet.
Und ich habe sie bewusst mit hinein genommen, denn das Komplettpaket ist entscheidend, nicht nur eine nackte TAL. Denn dass diese für analoges Telefon über Paket- und kanal-basierendes ISDN bis hin zum heutigen Maximum des DSL mit allen seinen Features ist und bleibt das Kabel ein passives Produkt, das bei allen drei genannten Technikpaketen problematisch werden kann.
Nochmal zur Erinnerung: diese Verbindung besteht bei PSTN aus einem einfachen Kupferdraht. Er beginnt beim Teilnehmer und endet in der Vermittlungsstelle. Bei VoIP besteht die Verbindung dagegen zusätzlich zum Kupferdraht aus jeder Menge Breitband- und Netzwerkgeraffel, welches außerdem zu einem großen Teil außerhalb der Vermittlungsstelle installiert ist (eine VoIP-"TAL" ist also viel länger als die physikalische TAL).
Das zum VoIP-Telefoneiren notwendige Netzwerkgeraffel (IAD) ist eine vergleichbare Blackbox, wie NTBA/ab-Wandler bei herkömmlichem Telefonnetz. Die TAL ist identisch, das Protokoll zur Vermittlung der Sprachpakete ist vergleichbar der Vermittlung im Telco-Glasfasernetz, es ist aber in der Tat ein Teil der Vermittlungsstelle zum Kunden verlagert. Jetzt die TAL künstlich zu dehnen, weil ein Teil der Vermittlungstechnik woanders steht und das dazugehörige Protokoll entsprechend anders aufgebaut ist, halte ich für verwegen. Ich gehe ja auch nicht hin und dehne die TAL für Festnetz soweit aus, dass ein Großrechner in Frankfurt die eigentliche Schnittstelle ist und alles an Kupfer sowie Glasfaser davor virtuelle TAL wäre.