Notrufnummern / 19222 im LCR

Die Wahrheit über die 19222 ;-)

Hallo zusammen,

gerade bin ich über diesen Thread gestolpert, und bei der Lektüre haben sich mir ob des teilweise verzapften Unsinnes die Fußnägel aufgerollt. Deshalb möchte ich mal Einiges klarstellen, weil von der Wahl der richtigen Notrufnummer im Ernstfall doch einiges abhängen kann.

1) Die 19222 war und ist technisch gesehen keine "Notrufnummer" im Sinne des Telefonnetzes, d.h. sie ist weder priorisiert, noch wird trotz unterdrückter Anrufernummer diese beim Angerufenen angezeigt, noch ist sie kostenlos. Und schon gar nicht funktioniert sie ohne Vorwahl aus den Mobilfunknetzen!

2) Die 19222 ist, wie in einem Vorposting bereits dargelegt, eine sogenannte INDI-Rufnummer, die bis auf Weiteres noch für öffentlich-rechtliche Rettungsleitstellen geschaltet werden kann. In Bayern wurde diese Nummer in den 80er Jahren als "Notrufnummer" für die damals flächendeckend vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) betriebenen Rettungsleitstellen eingeführt.

3) Gegen Ende der 90er Jahre wurde in München die Rettungsleitstelle von der Berufsfeuerwehr übernommen. Deshalb erreicht man in München über die Feuerwehr-Notrufnummer 112 auch den Rettungsdienst in der "Integrierten Leitstelle" (ILSt). Die 19222 läuft parallel dazu weiter und ist auch in der ILSt aufgeschaltet. Im Rest von Bayern gilt das noch nicht! Da erreicht man den Rettungsdienst nach wie vor ausschließlich über die 19222 direkt. Im Festnetz ist die 19222 inzwischen durch einige technische Tricks vorwahlfrei, d.h. man erreicht immer die zuständige Rettungsleitstelle ohne Vorwahl, mit Ausnahme von Randbereichen des Ortsnetzes München, wie schon erwähnt wurde. Allerdings wurde das auch nicht ganz korrekt dargestellt: Von z.B. Germering (Ortsnetz München!) im Landkreis Fürstenfeldbruck erreicht man mit der 19222 ohne Vorwahl die Leitstelle München. Um zur zuständigen Rettungsleitstelle FFB zu gelangen, muss man die Vorwahl 08141 dazu wählen.

4) In Bayern werden zur Zeit die ersten ILSt-en außerhalb Münchens eingerichtet, die im Laufe des Jahres in Betrieb gehen werden. Dann erst erreicht man in deren Zuständigkeitsbereich den Rettungsdient auch über die 112. Bisher läuft außerhalb Münchens die 112 entweder bei Feuerwehreinsatzzentralen auf (eher die Ausnahme) oder mangels derselben bei der Polizei, die dann die Feuerwehralarmierung übernimmt. Aber natürlich können diese Abfragestellen für die 112 auch über Direktleitung zur Rettungsleitstelle weiter verbinden, das ist tägliche Praxis.

Leser außerhalb Bayerns, vor allem aus den nördlicheren Bundesländern, werden ob dieser Zustände vermutlich nur den Kopf schütteln können. Dort ist traditionell die Feuerwehr für den Rettungsdienst mit zuständig und deshalb die 112 schon immer auch dafür geschaltet gewesen. Aber Besserung ist in Bayern in Sicht, wenn auch die flächendeckende Einführung der ILSt-en noch einige Jahre und eine Menge Geld benötigen wird.

Warum sollt ihr mir das jetzt alles glauben? Nun, ich bin als aktiver Notarzt und Mitglied des Alarmierungsbeirates im "Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung" einer der ersten ILSt-en außerhalb Münchens intensiv mit der Materie befasst. Und im TSB-LCR habe ich die 19222 schon von Anfang an in die Liste der Ausnahme-Nummern händisch mit eingetragen ;-)

Gruß, Richard
 
Richard, danke für diese präzise und gut erklärte Schilderung!

Das einzige, was ich nicht verstehe, ist Dein letzter Satz. ("im TSB-LCR habe ich die 19222 schon von Anfang an in die Liste der Ausnahme-Nummern händisch mit eingetragen".) Bei mir war sie - wie in der Grafik im ersten Posting rot unterstrichen - automatisch mit dabei (da ich keinen Haken bei "Keine automatisch generierten Nummern hinzufügen" gesetzt hatte, siehe Beitrag von Harald (TelefonSparbuch).) ... oder hast Du eben diesen Haken gesetzt, und verwaltest Deine Sonderrufnummern lieber selber?


Mein Fazit aus dem Thread bisher ist jedenfalls:

Es gibt keine bundesweit einheitliche Regelung. Das macht einerseits die "zentrale Behandlung" der Nummer von Harald über die Voreinstellungen im LCR nicht leichter. Andererseits jedoch scheint mir nach wie vor, dass sie - unabhängig von unterschiedlicher Nutzung in den Bundesländern bzw. Stadt/Land - doch wieder im LCR aus den Sonderrufnummern rausfliegen könnte, denn sie wird (wenn verwendet) wie eine lokale Rufnummer behandelt. Insbesondere von den Kosten her.
 
OliverC schrieb:
Das einzige, was ich nicht verstehe, ist Dein letzter Satz. ("im TSB-LCR habe ich die 19222 schon von Anfang an in die Liste der Ausnahme-Nummern händisch mit eingetragen".) Bei mir war sie - wie in der Grafik im ersten Posting rot unterstrichen - automatisch mit dabei

Hast natürlich Recht! Da war ich gedanklich noch beim LCR meiner alten Anlage, wo man die 19222 händisch als Ausnahme eintragen musste. Beim TSB ist sie automatisch mit drin.

Andererseits jedoch scheint mir nach wie vor, dass sie - unabhängig von unterschiedlicher Nutzung in den Bundesländern bzw. Stadt/Land - doch wieder im LCR aus den Sonderrufnummern rausfliegen könnte, denn sie wird (wenn verwendet) wie eine lokale Rufnummer behandelt. Insbesondere von den Kosten her.

Naja, so oft wirst Du die 19222 ja nicht wählen, dass das kostenmäßig wirklich ins Gewicht fällt. Da ist mir schon wichtiger, dass die Verbindung schnell und zuverlässig zu Stande kommt, was bei diversen Call-by-Call-Anbietern ja durchaus fraglich sein kann.

Gruß, Richard
 
... womit wir wieder beim allerersten Satz dieses Threads wären!
Klar ruft (jeder einzelne) die Nummer so selten an, dass Kosten nebensächlich sind. Und: ich habe natürlich nicht jeden (genauer: keinen!) der Call-by-Call Anbieter getestet, ob alles erwartungsgemäß durchgestellt wird. Ebenso habe ich - ausser GMX - keinen SIP-Provider getestet...
... würde aber annehmen, dass alles geht, eben WEIL auch die Telekom die Nummer (fast) wie eine Ortsnetznummer behandelt (wenngleich auch besondere "Strukur").

Gruß, Oliver
 
Da die Nummer offensichtlich nicht überall als Sondernummer behandelt wird und noch nicht einmal überall bekannt ist, wird sie möglicherweise auch nicht von allen Voip-Anbietern gesondert behandelt.
Ich denke, es besteht dann auch eine gute Chance nicht priorisiert behandelt zu werden. Zudem kann ich mir vorstellen, auch mal in einer Leitstelle zu landen, die nicht zu meinem Wohnort gehört. Der Sinn dieser Nummer, nämlich SCHNELL Hilfe herbeizuholen, ist dann nicht mehr gegeben. Für mich gehört diese Nummer eindeutig zu den Nummern, die immer über den Preselector geführt werden. Koste es was es wolle.

Wir können ja dann alle immer ein Fax (natürlich über LCR) zur Krankenkasse schicken und um Kostenerstattung bitten. ;)
 
Hallo Phoenixfire!
Willkommen im Forum!

Nun, das mit SIP, CbC oder Preselect sowie den Kosten hatten wir ja jetzt hinlänglich.
Die von Dir angesprochene Priorisierung ist allerdings wohl kaum davon abhängig, wie ich wähle, da dies nicht (nur) beim Telefonanbieter*, sondern in der Leitstelle geschieht. (Wenn dort mehrere Gespräche gleichzeitig ankommen, müssen einige in die Warteschleife. Aus der kommen sie aber nicht in der Reihenfolge raus, wie sie reingekommen sind, sondern solche Gespräche, die über die 112 reinkamen, haben gute Chance, Telefonate die über andere Nummern kamen, zu "überholen". Wenn also ständig neue Notfälle über 112 gemeldet werden, kann ein 19222-Gespräch, erst recht ein 089/xxxxxxxx (oder andere Ortsnummern) theoretisch "ewig" warten.)
*: Ausnahme sind die angesprochenen überlasteten Handynetze, in denen schon mal andere Gespräche abgebrochen werden können, das ist aber eher nachrangig und selten - Warteschleife hingegen durchaus denkbar.

Das Fax an die Krankenkasse wegen Kostenerstattung kannst Du schon schicken, aber abgesehen vom bürokratischen Aufwand finde ich es auch nicht unbedingt richtig (von Deinem Zeitaufwand für ein paar Cent ganz abgesehen)... (nein, schon klar, dass das nicht Dein ernst war, aber):
Natürlich kann man streiten, ob die 19222 als Notrufnummer grundsätzlich kostenlos sein sollte. Das war jedoch nichtmal mein Anliegen mit diesem Thread, sondern die Frage inwiefern es nicht ins LCR einbezogen werden könnte / sollte. (In meinem Fall wäre es dank GMX-flat dann ohne weitere Kosten.)
Was ich nicht mag, sind 0180x-"Service"-Rufnummern. Ich sage immer: jeder ist für die eigenen Telefonkosten selbst verantwortlich (und auch, ob ich mich für einen "Flatrate-Paketpreis" entscheide, oder immer Minutenpreise bezahle!). Ich bin jedoch nicht dafür verantwortlich, dass andere durch diesen Anruf auch noch Geld verdienen. (0190-Rufnummern sind natürlich etwas anderes, da entscheide ich mich i.d.R. bewußt für eine Dienstleistung, z.B. technische Hotlines, etc.) - und diese "Eigenverantwortung für die Telefonkosten" wollte ich für die 19222 halt auch anwenden, eben durch entsprechendes Routing.
 
Hallo,
Ich war auch beim Roten Kreuz und mit der 19222 hat es bei uns (BW) leider schon viele schlechte Erfahrungen gegeben (wie oben am Fall Bayern beschrieben). Gut gedacht schlecht gemacht.
Bitte immer die 112 in echten Notfällen. Allein schon deshalb weil an vielen Telefonen (z. Bsp.wenn sie gesperrt sind) nur diese Nummer (und keine 19222) freigegeben ist.
 
chain schrieb:
Bitte immer die 112 in echten Notfällen. Allein schon deshalb weil an vielen Telefonen (z. Bsp.wenn sie gesperrt sind) nur diese Nummer (und keine 19222) freigegeben ist.

Zu den "vielen" gesperrten Telefonen: Das ist nun sicher die absolute Ausnahme. Aber abgesehen davon, kann man diese Aussage so nicht stehen lassen. Je nach Bundesland oder Region kommt man mit der 112 eben NICHT direkt zu einer Rettungsleitstelle, sondern im günstigeren Fall zu einer Feuerwehreinsatzzentrale, im schlechteren Fall zu einer Polizeidienststelle, die diese Nummer eben mit abfragt und die Feuerwehralarmierung mit übernimmt. Dort wird aber erstens die "112" nicht mit derselben Priorität behandelt wie der Polizeinotruf, und zweitens können die einen solchen Notruf gar nicht qualifiziert abfragen. Günstigstenfalls vermitteln die gleich weiter an die zuständige Rettungsleitstelle, wenn man Pech hat nehmen sie den Notruf selbst entgegen und geben das (oft eher zweifelhafte) Ergebnis an die Rettungsleitstelle weiter: "Schickt da mal einen Sanka hin".

Dieses Notrufchaos wird in den südlichen Bundesländern erst mit der flächendeckenden Einführung der integrierten Leitstellen ein Ende haben, aber das dauert noch. Bis dahin muss man entweder wissen, wie die lokale Nummernsituation ist, oder bei Anruf auf der "112" damit leben, dass man evtl. nicht das bekommt, was man erwartet hatte bzw. was notfallmedizinisch sinnvoll ist. Und ein u.U. unerwünschter Nebeneffekt kann sein, dass nach einem Anruf auf der vermeintlich "nichtpolizeilichen" Notrufnummer plötzlich auch die Polizei vor der Türe steht, weil der aufnehmende Beamte die mal "sicherheitshalber" mitalarmiert hat.

Gruß, Richard
 
Hallo

Ja Ja der Nebeneffekt!!
Die Polizei ist sehr neugierig.

gruss

Rita
 

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