Altes Thema, aber bestimmt noch aktuell. Ich hatte auch im Jan 2022 diverse 301 und 440 erworben und damit letztlich eine passable Einsparung erreicht. Aber das Regelverhalten, vor allem im kalten Altbauraum mit 3 Außenwänden unter kalt durchlüftetem Dach am Ende eines schlecht hydraulisch abgeglichenen HZ-Systems, war und ist genauso miserabel wie von
@dieguteFrauWaas beschrieben. Hatte seinerzeit auch diverse Testreihen durchgeführt und als Folge eine
detaillierte Amazon-Rezension zum Regelverhalten in diesen Situationen geschrieben. Schließlich habe ich mich damit abgefunden, die sogenannte "adaptive Heizphase" manuell auf 2-3h zu verlängern und
damit wieder mehr Energie zu vergeuden.
Auf diesen Thread bin ich erst vor einer Woche gestoßen. Vielen Dank an
@dieguteFrauWaas für die ausführlichen Ermittlungen!! Ich habe das nun nochmal weitergetrieben und, wie ich glaube, den systematischen Fehler von AVM durch Zufall einkreisen können, in dem ich in Echtzeit immer wieder auf die erweiterten Info-Werte eines HZ Thermostats 301 geschaut habe und meinen Augen nicht traute.
Das Grundproblem beginnt damit, dass (wie schon häufig im Forum berichtet), die Fritzbox nicht die gemessene Temperatur des externen Sensors an das Thermostat sendet sondern (zur Vermeidung einer angepassten 301er Firmware) lediglich den ohnehin nur alle 15min versendeten Offset auf den Wert der Differenz zwischen externer Sensor-Temperatur und interner 301-Ist-Temperatur setzt.
Der 301 regelt nun aber in viel kürzeren Abständen (
lt. AVM alle 2min) die Ventilöffnung, und das immer anhand des laufend korrigierten Temperaturwertes aus [aktuellem 301-Ist-Wert minus lange konstantem Offset]. In der Summe führt das zu folgenden Problemen, welche die extrem schwache/unagressive Heizkurve nach kaltem Heizkörper bei Verwendung des externen Sensors erklären:
- Die Dauer, mit der ein 301 einen vormals ermittelten Offset-Wert verwendet, beträgt durch die Verwendung der jeweils letzten Sensorwerte wahrscheinlich bis zu 30min (maximales Sendeintervall x 2, wenn immer der mit dem letzten 301-Istwert errechnete Offsetwert als aktueller Offset versendet wird). Ich habe zwar nicht explizit getestet, ob die Fritzbox das aus Antwortzeitgründen tatsächlich so tut. Meine Beobachtungen deuten aber leider genau darauf hin, denn ein frisch gesendeter Offset entsprach immer der Temperatur-Differenz vor 15min und wurde dann noch weitere 15min verwendet. Beim Halten einer Temperatur oder beim Ausgleich einer geringen Differenz fällt das eben beschriebene Verhalten nicht weiter ins Gewicht. Aber...
- ...Während der Aufheizphasen nach kaltem Heizkörper hat [1.] einen immensen Einfluss. Dann wird nämlich die vom 301er ermittelte Solldifferenz und die damit geregelte Ventilöffnung bei schnell steigenden Ist-Temperaturen am HZ-Thermostat-Sensor (direkt am Heizkörper!) durch einen schon lange nicht mehr passenden konstanten Offset stark minimiert.
- Der 301 richtet daher auch mit 440er ext. Sensor sein Regelverhalten nicht zeitnah am sehr trägen Wert der Raumtemperatur des externen Sensors aus, so dass die während einer Heizphase parallel zu schnell steigenden Ist-Temperaturen am HZ-Thermostat keinen Einfluss auf die Solldifferenz hätten. Stattdessen zieht er 15-30min lang alle 2min den gleichen, alten immer zu niedrigen Offset von der rapide ansteigenden Thermostat-Ist-Temperatur ab. Damit ermittelt er dann fälschlicherweise eine schnell ansteigende Raumtemperatur und indirekt proportional dazu eine fallende Solldifferenz, was wiederum zu Verringerung der Ventilöffnung mitten in einer eigentlich erforderlichen starken Heizphase führt.
Das ganze Spiel spiralisiert dann auf immer wieder ganz leicht erhöhtem Niveau, bis man sich irgendwann endlich mal der gewünschten Raum-Soll-Temperatur nähert und die 2min-Differentiale der 301-Ist-Temperatur nicht mehr so hoch sind, dass die Offsetwerte immer wieder 15-30min lang zu niedrig ausfallen.
Fazit: Aufgrund der programmiertechnisch günstigeren Nutzung des Offset-Konzeptes (Abzugs des 15-30min konstanten Offsets von der ansteigenden Thermostat-Temperatur) statt der Nutzung des eigentlichen (eher trägen) realen Raumtemperaturwertes bringt der externe Sensor gerade in Aufheizphasen fast nichts. Er ist in dieser Spielart sogar eher unterlegen gegenüber einer Lösung mit nur 301 und mittlerem
immer konstanten User-Offset.
Ich sehe zwei Lösungsmöglichkeiten (die ich so auch AVM vorgeschlagen habe):
- Man programmiert den Thermostaten so, dass er direkt nach Erhalt des Offsets eine korrigierte Realtemperatur ermittelt und diese dann aber so lange beibehält, bis der nächste Offset kommt (oder bei Verbindungsverlust wenigstens einer doppelten Vorhaltezeit von z.B. 30min), anstatt dies mit ewig gleichem Offset aber sich ändernder 301-Temperatur alle 2min zu tun (wie von mir beobachtet). Parallel dazu müsste man sicherstellen, dass die Fritzbox tatsächlich immer den gerade vom 301 empfangenen und nicht den vorherigen Istwert zur Offsetberechnung verwendet (wie von mir beobachtet), um die maximale Verwendungszeit eines schnell obsoleten Offsetwertes definitiv auf max. 15min zu begrenzen.
[oder]
- Statt eines mittels 440er errechneten Offsets sendet die Fritzbox immer gleich die tatsächliche 440er Raumtemperatur (oder ohne 440er die um den User-Offset korrigierte 301-Temperatur). Dann müsste der 301er so programmiert werden, dass er zur Führung ausschließlich diese übermittelte "Realtemperatur" nutzt (nicht seine intern ermittelte [Ist-Temperatur minus Offset]). Für Verbindungsverlust müsste man allerdings in dieser Lösungsvariante den Offset weiterhin übermitteln und im Thermostat vorhalten, damit der in diesem Fall seine Ist-Temperatur immer wieder selbst um den Offset korrigieren kann.
In kurzen Worten:
In einer Heizphase nach kaltem Heizkörper galoppiert eine mit sehr lange gültigem Offset korrigierte 301-Ist-Temperatur der tatsächlich Raumtemperatur am externen Sensor (z.B. 440) immer wieder so stark davon, dass die Regelkurve als Antwort zyklisch extrem nach unten gedrückt wird, bis man irgendwann mal (eher
trotz als
durch Regelung) in den Bereich der eigentlichen Soll-Raumtemperatur kommt. Das wird vor allem sichtbar in schwierigen Räumen (ungedämmter Altbau, Norden, schlechter hydr. Abgleich, zu kleine Heizkörper, etc.) nach kaltem Heizkörper, nicht aber in gut gedämmten Räumen oder nur bei Erhaltung der erreichten Temperatur. Es hat m.E. auch
nichts zu tun mit angeblich gewollter Vermeidung von Überschwingverhalten oder vermeintlicher Energieeinsparung durch langsames Anpirschen an den Sollwert (hier wäre eher
das Gegenteil der Fall).
Werde mal versuchen, dass als Verbesserungsvorschlag/Support-Ticket bei AVM einzubringen, mache mir aber nicht zu viele Hoffnungen.
EDIT: AVM Ticket 8.1.23, 15.50Uhr eröffnet:
5416867
EDIT2: Wie erwartet: Als Vorschlag formuliert wird es "an unser Produktmanagement weitergeleitet". Als Fehler formuliert findet man keine Fehler. Ist eben so gewollt, bzw. man hat nicht die Zeit sich dedizierter zu kümmern oder zu äußern
.