... Trunking bedeutet, wie man mir es erklärte und auch nach meinen Recherchen, ausschließlich, dass man seinen SIP Account mit dem öffentlichen Telefon-Netz nahtlos verbunden hat...
Das trifft die Definition ziemlich genau, außer dass man "SIP Account" durch "Anschluss" ersetzen müsste. Aber um den Satz zu verstehen, muss man in der Geschichte zurückgehen.
Nach der Erfindung des Selbstwahlverfahrens (also der Ablösung des "Fräuleins vom Amt") wurden mit der Impulswahltechnik die Verbindungen mit Relais geschaltet. Der normale Endkunde der Deutschen Bundespost hatte eine oder mehrere Leitungen, die den Anschluß einzelner Telefone erlaubten.
Bei Behörden und Großfirmen gab es jedoch sehr früh den Bedarf nach richtigen "Telefonanlagen". Dabei wurde ein Teil der Technik, wie sie sonst bei der Deutschen Bundespost vorgehalten wurde, quasi zum Kunden verlagert. Die letzten Ziffern der Auswertung der per Impulswahl übertragenen Nummer wurden also nicht bei der Post, sondern in der Anlage beim Kunden ausgewertet. Diese Anlagen durften auch nur von der Post angeschlossen werden. Es handelte sich quasi um zum Kunden ausgelagerte Teile des Telefonnetzes, wobei der Kunde die Anzahl der gleichzeitig möglichen Gespräche und die Zahl der Durchwahlen bestellen konnte. Aufgrund der verwendeten Technik konnten nur ganze Blöcke von Rufnummern zugewiesen werden.
Diese direkte Anbindung an das Telefonnetz geschieht bei SIP-Trunking dadurch, dass ein Account direkt die Anbindung an das Telefonnetz für alle Nummern, die man hat, herstellt und die Zuordnung der verschiedenen Nummern, die über diesen Account erreichbar sind, beim Endkunden in dessen Telefonanlage - und gerade nicht beim Anbieter - erfolgt. Quasi in moderner Technik das, was früher die Telefonanlagenrelaisschränke waren. Über eine Anbindung laufen alle Nummern.
Mit dem Sprung auf digitale Vermittlungstechnik (ISDN) gab es dann die "Anlagenanschlüsse". Hier wurden dann i.d.R. 30 gleichzeitig mögliche Gespräche über einen Rufnummernblock ermöglicht. Auch hier gab es nur einen Anschluss, die Zuordnung zu Nebenstellen ist Sache der Telefonanlage. Auch das ist ein "Trunk", der Anschluss ist gebündelt und wird von der Telefonanlage entbündelt.
Diese Technik gibt es auch für VoIP. Dabei werden alle Gespräche über einen Account ("Anschluss") gebündelt. Wenn es sich dabei um klassische Rufnummernblöcke handelt, die über den Account zusammengefasst werden, spricht man im Deutschen Sprachraum vom SIP-Anlagenanschluss. Dieser ist quasi ein Sonderfall des Trunking, da SIP ja viel flexibler ist.
Andere Techniken der Bündelung ("Trunking") auf einen Account sind:
- Die Verwendung mehrerer eigenständiger Nummern (wie z.B. bei Sipgate Basic), die alle über einen Account übertragen werden
- Die Verwendung von Rufnummernverlängerungen, d.h. eine normale Rufnummer wird beim Endkunden verlängert.
Da die Lösung mit (offiziellen) Rufnummernblöcken im Deutschen Sprachraum mit "(SIP-)Anlagenanschluss" bezeichnet wird, verwendet man "Trunking" nicht nur als Oberbegriff, sondern vor allem dann, wenn man zwar Bündelung hat, es sich aber nicht um den Anlagenanschluss mit Rufnummernblöcken handelt (schlicht weil einem ein anderer Begriff fehlt). Im Englischen entspricht der Anlagenanschluss dem "Direct-Dial-In" kurz DDI, wobei hier allerdings, wie schon richtig aufgeführt, darunter aufgrund unterschiedlicher historischer Entwicklung auch die Rufnummernverlängerung fällt.
DUS.net hat seine DDI-Anschlüsse früher als Rufnummernverlängerung realisiert, verwendet heute zumindest nach Auskunft auf der Webseite aber Rufnummernblöcke, also Anlagenanschlüsse.
Easybell hat den Begriff Trunking (Bündelung) scheinbar gar nicht verstanden, denn wenn die alle Rufnummern als Einzelaccounts anbieten, sind die ja gerade nicht gebündelt...
Allerdings - und jetzt wird die Verwirrung komplett - bieten SIP-Provider häufig nicht nur Rufnummer(n), sondern auch Telefonanlagenfunktionen. Sehr sauber getrennt ist das z.B. bei Sipgate Buissness Tarifen. Dort ist die die "Telefonanlage" namens "Sipgate Team" getrennt von der Art der verwendeten Rufnummern. Die Rufnummern können als Einzelnummern, Blöcke und Verlängerungen der "Telefonanlage" zugeordnet werden. Nur die Verlängerungen werden als "Trunking" bezeichnet. Hintergrund ist dabei schlicht, dass bei Einzelrufnummern und Blöcken Sipgate von seinem Anbieter die gewählte Nummer einzeln mitgeteilt bekommt, während bei der Verlängerung Sipgate selbst alles über eine Nummer "gebündelt" erhält. Der Begriff "Trunking" kommt hier also nicht aus der Sicht des Endkunden zu Sipgate, sondern von Sipgate zu deren Vorleister.
Wenn Easybell allerdings das anbietet, wie es hier von Pittiplatsch4 beschrieben wurde, dann handelt es sich bei der Trunking-Option von easybell um einen Etikettenschwindel. Denn wenn sowohl einzelne Rufnummern (noch nicht mal Blöcke) in Richtung Vorleister verwendet werden, als auch der Endkunde sich mit Einzelaccounts je Rufnummer anmeldet, dann ist da nirgendwo eine Bündelung (=Trunk). Entweder hat die Marketingabteilung gepennt, oder bei der Entwicklung war mal was anderes vorgesehen, man hat schon mal den Projektnamen festgelegt und dann schlicht vergessen, den zu ändern als das Produkt eine andere Richtung eingeschlagen hat. Dazu kommt auch noch, dass Easybell nichts auf der Webseite dazu aussagt, was mein Vertrauen in das Produkt nicht gerade stärkt...
Bei Dus.net gab es übrigens hier im Forum durchaus ernstzunehmende Berichte über Störungen. Die kamen mit ihrer Technik nicht wirklich klar. Ob der Wechsel zurück zu Blöcken wirklich daran liegt, dass Rufnummernverlängerungen unzuverlässig wären, wage ich zu bezweifeln. Es dürfte hier eher an Dus.net liegen. Bei Sipgate geht es schließlich ohne Probleme.
So nun aber wieder zum hier besprochenen Problem:
Sipgate Basic ist im Sinne der Definition von "Trunking" als Oberbegriff für "Bündelung" bereits ein Trunking Account, da egal, welche Rufnummer angerufen wurde, alle Gespräch über einen Account an die Telefonanlage übertragen werden.
Bei Sipgate Plus wird das ziemlich schnell offensichtlich, hat man keine portierten Nummern, so werden die 3+1 Accounts nur als Rufnummernverlängerung realisiert (also Trunking zum Vorleister). Dazu ist die Bündelung mehrerer Nummern auf verschiedene Accounts natürlich auch trunking zum Endkunden (wie bei Basic).
Das Problem ist hier nicht dass, man bei Sipgate Plus nur über drei+eins (Voice+Fax) Gruppen von außen erreichbar wäre, sondern dass man
bei einer Fritz!Box fon nur drei Gruppen für Voice nutzen kann, da die Fritzboxen als Consumeranlagen keine gebündelten SIP-Anschlüsse, gleich welcher Art, unterstützen.
Mit einer "richtigen" VoIP-Telefonanlage reicht schon der Basic-Account, um alle Rufnummern zu unterscheiden, denn wie bereits dargelegt, steht die Info, welche Rufnummer gemeint ist, im To-Header beim Gesprächsaufbau. Die FBF selbst wertet diese Info schlicht nicht aus.
Sipgate Plus ist quasi eine Ergänzung von Sipgate Basic um eine Telefonanlage mit 3 Nebenstellen für Telefonie und einer für Fax.
Nur bei Flaterate ins Festnetz kommt noch hinzu, dass 2 statt einem ausgehenden Gespräch gleichzeitig zugelassen werden.
Das Problem besteht also hier darin, dass drei Stufen existieren:
1. Sipgate als Telefonieprovider (1/2 ausgehende Gespräche bei Flat-Option, unbegrenzt ohne Flat, unbegrenzt eingehend (natürlich abhängig von der Bandbreite)
2. Sipgate als Telefonanlage, die ein (Basic) bzw. drei (Plus) Nebenstellen für Voice zulässt
3. die FBF als Telefonanlage
Die Lösung lautet hier, 2.) oder 3.) auszutauschen, nicht 1.).
Wie bereits beschrieben, lässt sich 2.) durch einen Asterisk ersetzen. Wie man den auf einer FBF installiert, ist hier als Howto erläutert:
http://www.ip-phone-forum.de/showthread.php?t=234930
Zum Ausprobieren eignet sich aber auch ein älterer Rechner oder eine VM mit der Asteriskdistribution "PBX-in-a-flash" (
http://pbxinaflash.net/).
Was Asterisk so verwirrend macht, ist die Vielzahl der Moglichkeiten und die damit einhergehenden Beschränkungen bei Konfiguration über Webinterface.
Für Deinen Einsatzzweck reicht eine Kommandozeilenversion - es sind nur zwei Konfigurationsdateien anzupassen (3, wenn man die asterisk.conf mit den Pfadeinstellungen, wo man Asterisk hin installiert hat, mitzählt).
Da ich Sipgate nur eingehend nutze, hier mal die benötigte Konfig zum Aufsplitten eines eingehenden Trunks in Einzelaccounts:
sip.config
Code:
[general]
language=de
bindport = 5061
bindaddr = 0.0.0.0
realm = mein-dyn-dnsname
externip = mein-dyn-dnsname
context=sonstige
register => 1234567:[email protected]/1234567
;********************
;* Externe Accounts *
;********************
; Sipgate Trunk (alle portierten Nummern)
[sipgate99]
host = sipgate.de
defaultuser = 1234567
secret = qwertz
fromuser = 1234567
fromdomain = sipconnect.sipgate.de
canreinvite = no
qualify = yes
nat = yes
insecure = port,invite
type = friend
;*********************************************
;* Alte Rufnummern zum direkten Registrieren *
;* ("Accountsplitting") *
;*********************************************
; Für die einzelnen Sipgate-Zielnummern einzelne Accounts einrichten,
; an die sich die FBF anmelden kann
[00495%%%%%%%]
host=dynamic
type=friend
secret=qwertz
context=meine-telefone
[00496%%%%%%%%%]
host=dynamic
type=friend
secret=qwertz
context=meine-telefone
; ... usw. für die übrigen 9 Nummern
Der Asterisk registriert sich also bei Sipgate, die Fritzbox beim Asterisk.
Handelt es sich um einen Asterisk auf der FBF auf Port 5061, so kann man nun jede Rufnummer in der FBF wie folgt am Asterisk einzeln registrieren:
Anderer Anbieter
Rufnummer %%%%% (die MSN)
Benutzername 00495%%%%%%%
Kennwort qwertz
Registrar 192.168.178.1:5061
Das macht man für jede MSN.
Damit die Anrufe den Accounts richtig zugeordnet werden, braucht der Asterisk natürlich nicht nur die Nebenstellendefinitionen in der sip.conf, sondern auch seinen eigentlichen Wählplan (der das Aufplitten durchführt)
extensions.config
Code:
[sonstige]
; hier wird bei eingehenden Anrufen auf dem Sipgate-Trunk-Account die wirkliche
; Zielrufnummer aus dem SIP-Header extrahiert, als neue Extension gesetzt und
; im Context [from-sipgatetrunk] weiter behandelt
exten => _X.,1,Goto(from-sipgatetrunk,${CUT(CUT(SIP_HEADER(To),@,1),:,2)},1)
[from-sipgatetrunk]
; Anonymisiert habe ich durch % (das Zeichen kommt sonst nirgends vor)
exten => 00495%%%%%%%,1,Dial(SIP/00495%%%%%%%)
exten => 00496%%%%%%%%%,1,Dial(SIP/00496%%%%%%%%%)
; ... usw. für die übrigen 9 Nummern
Dieser Wählplan ist erstmal nur eingehend, da ich Sipgate nicht abgehend nutze.
Es ist aber nur eine Sache von 3-4 Zeilen, die Regeln für ausgehende Telefonate zu ergänzen, so dass die jeweilige Nummer, von der aus man raus telefoniert, übertragen wird.