Hallo zusammen,
so, ich habe nun auch ein DX600A installiert und mir die ganze Geschichte die letzten 3 Wochen ausführlich angeschaut. Unterm Strich muss ich sagen, dass die positiven Eindrücke von vielen negativen begleitet werden. Ein ausführlicher Testbericht würde über mehrere DIN-A4-Seiten gehen, leider brüte ich hier gerade schon in der Hitze und habe auch sonst nicht so viel Zeit hier alles aufzuführen, aber mal ein paar grundsätzliche Sachen:
Das DX600A ersetzt zwar das weit verbreitete und ausgereifte, mittlerweile aber in die Jahre gekommene SX353, und doch ist das DX600A irgendwie (noch) kein Nachfolger des SX353. Es ist wie damals beim VW-Bus, als von Heck- auf Frontmotor/-antrieb umgebaut wurde. Nichts ist mehr wie beim Vorgänger. Der ganze Grundaufbau ist völlig anders. Vermutlich wurde nicht eine Code-Zeile vom SX353 übernommen, nur gewisse Punkte aus dem Anforderungskatalog und die allgemeine Erfahrung beim Bau von professionellen DECT-Telefonen. Vielmehr basiert das DX600A, wie auch schon von Catalonia geschrieben, auf der IP-Telefon-Reihe (S685 IP). Und wer sich damit gut auskennt, der sieht das DX600A eher als ein auf ISDN umgestelltes S685 IP mit Tischgerät. Es sind also die bekannten Features der IP-Basen verfügbar, manch andere liebgewonnene Features des SX353 sucht man hingegen vergebens. Anders gesagt: Wer das SX353 ausreizt oder eine gewisse Technik-Affinität hat, sollte prüfen, ob das DX600A alle die Anforderungen erfüllt, die man wirklich dringend benötigt. Wie gesagt, das DX600A ist nicht der Nachfolger des SX353. Und die Liste aller "Kleinigkeiten", die nicht mehr so funktionieren wie früher ist lang und kann im Einzelfall böse zuschlagen. So traut man seinen Augen nicht, dass man die Sammelruf-Gruppe nicht mehr definieren kann. Eine Nachtschaltung ist ebenfalls nicht dabei. Die Belegungsmöglichkeit der Funktionstasten ist eingeschränkt. Also im Zweifelsfall vorher erkundigen, ob die notwendigen Sachen bereits funktionieren.
Das zweite große Problem, und hier bin ich wirklich etwas sauer, ist, dass Gigaset diesmal wirklich einen öffentlichen Betatest durchführt. Also so viele Fehler, wie ich nun schon in 3 Wochen hier gefunden habe, das darf nicht wahr sein!!! Das ist sowas von ärgerlich und mir steht leider noch einiges bevor. Die Basis ist derzeit nämlich nicht updatefähig, wahrscheinlich auch irgendein Fehler, und wahrscheinlich muss sie komplett resettet werden. Das macht Freude, wo schon komplett alles eingerichtet ist incl. Bilder-CLIP und Klingeltöne. Stunden habe ich zugebracht mit den Versuchen auf die Firmware 33 zu aktualisieren, da ständig der Anrufbeantworter streikt. Als Workaround werde ich wohl einen Ansagetext "Legen sie bitte keinesfalls während dieses Ansagetextes auf, warten sie bitte den Piepton ab, danke." schalten müssen. Hier war mal einer im Forum, der hat sich bei den IP-Basen darüber aufgeregt, dass man die Firmware nicht manuell einspielen kann, ok, das konnte ich nicht so richtig verstehen, weil wer ein IP-Telefon kauft, sollte in seinen Netzen (ich glaube bei ihm war es ein VLAN-Netz nur für die Telefone) auch irgendwie Internetzugang, und sei es nur für die Updates, haben. Aber bei einem ISDN-Telefon und bei der fehlerhaften Firmware steige ich nun langsam auch auf die Barrikaden!!! Dazu kommt erschwerend, dass der Installationsort für das DX600A bei mir in einem weißen Fleck liegt. Ja, es gibt kein Internet. Weder über Telefon, noch UMTS. NICHTS ZU MACHEN! Katastrophe. Auf dem Karton steht aber nicht drauf, dass ein Breitbandinternetzugang Voraussetzung für den Betrieb dieses Telefons ist. Nun bin ich auch ein Freund der IP-Basen und finde die Features wie Umkehrsuche und Online-Telefonbuch, Info-Center usw. sehr nett, also habe ich einen ISDN-Router installiert, der den Internetzugang über ISDN herstellt. Funktioniert 1A, nur eben langsam. Auch mit WLAN usw. Wird auch fürs Notebook genutzt. Alles bestens. Aber wenn nun eine Firmware für das DX600A vermutlich (ich weiß es nicht) 28 MB oder mehr hat, dann kommt Freude auf beim Updaten über ISDN. Und viel größer ist die Freude, wenn man das Ganze 6 mal machen muss und es immer noch nicht geklappt hat. Und jedesmal vergeht eine Stunde, ist man eine Stunde nicht erreichbar, und der Gebührenzähler würde normalerweise auch noch ticken. Warum gibt es bitte nicht auch die Möglichkeit das Update manuell einzuspielen? Ich kann das Gerät nicht einfach woanders hinschaffen, das ist immer mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden. Den Repeater habe ich nach stundenlangen Tests vor 3 Wochen auch beiseite stellen müssen.
Ich finde es hätte Gigaset gutgetan, hier einen Beta-Test auszurufen, wie es mit dem S675 IP damals auch durchgeführt wurde. 50 Geräte unter die Leute zu streuen, die sich verpflichten alles sauber zu dokumentieren und das Gerät auf Herz und Nieren zu prüfen, kann doch nicht so schwer sein. So, mit einem öffentlichen Beta-Test, gibt es definitiv einen Image-Schaden für Gigaset. Schade, das wäre nicht nötig gewesen. Man kann nur hoffen, dass die Bugs zügig ausgemerzt werden. Aber meine Erfahrung mit den IP-Basen, wo einige eindeutige und nachstellbare Bugs, die ich im Oktober 2009 gemeldet habe, noch heute nicht beseitigt sind, ist diesbezüglich nicht sehr gut. Manchmal hat man auch das Gefühl, einfach nicht bis an die Entwicklung ranzukommen. Das ist natürlich nervig und da vergeht einem irgendwann das aufwendige Dokumentieren und Analysieren der Bugs.
So, was ist noch zu sagen? Nun ja, das war jetzt sicherlich mehr negatives als positives. Das Gerät hat auch positive Eigenschaften. Das Display und das Design innerhalb des Displays ist super. Das ist im Vergleich zum SX353 der beeindruckendste Unterschied. Das Gesamtdesign ist auch ganz nett. Die Tasten hätten stellenweise etwas sinnvoller positioniert werden können. Super sind die neuen Funktionalitäten. Traurig ist allerdings, dass man über das Webinterface nicht alles einstellen kann. ICH WILL REMOTE ALLES VERÄNDERN UND EINSTELLEN KÖNNEN. Und nicht nur eine kleine Auswahl. Auch möchte ich einzelne Telefonbucheinträge bearbeiten können. Wenn ich das Telefonbuch lösche, um die vorher runtergeladene und danach bearbeitete vcf-Datei wieder raufzuladen, was ist dann mit den Picture-CLIP-Zuordnungen? Insofern steht außer Frage, dass man einzelne Einträge auch editieren können muss. Wer früher viel die Talk&Surf-Software genutzt hat, der vermisst noch Einiges. Wobei der Ansatz jetzt mit Ethernetanschluss ja eigentlich viel besser ist als früher mit USB. Nur eben noch nicht bis zu Ende gedacht.
Sollte es jemanden geben, der das Gerät an einem ISDN-Router (Internetzugang über B-Kanal des ISDN-Anschlusses) betreiben muss, hier noch folgende Tipps:
Im DNS-Server des Routers sollte man die Namensauflösung auf den Namen pbs.gigaset.net sperren. Hier meldet sich das Gerät alle halbe Stunde am Server, um die Daten für die Seite
http://www.gigaset-config.com/ zu liefern. Das brauch man normalerweise nicht. Ansonsten baut der ISDN-Router regelmäßig eine Verbindung ins Internet auf.
Weiterhin sollte man derzeit genauso info.gigaset.net sperren. Nach jeder Bedienung oder Auflegen am Telefon kommt diese Newsticker-Zeile im Display (auch bei neueren Mobilteilen) und die Daten scheinen nirgends zwischengespeichert zu werden. Sprich bei Bedienung ist ständig die Internetverbindung aufgebaut und bei Nichtbedienung irgendwie auch regelmäßig. Abschalten kann man diese Zeile anscheinend nirgends. Sollte man aber können, denn so sperrt man sich mit dieser DNS-Sperre auch aus dem Info-Center aus, schade. Außerdem finde ich, dass diese Newsticker-Zeile, die das Wetter für heute und morgen für den gewünschten Ort anzeigt, durchaus nur 3 mal am Tag aktualisiert werden bräuchte und nicht alle 3 Minuten. Da ändert sich eh nichts. Also die eine Zeile muss zwischengespeichert werden!
Die regelmäßige nächtliche Suche nach Updates würde ich ebenso abschalten. Das sollte man dann ggf. lieber ab und an manuell machen. Das kann man im Webinterface abschalten.
Die Umkehrsuche über api.klicktel.de funktioniert auch über ISDN-Router in 2 bis max. 3 Sekunden. Das Feature ist sauber programmiert. Hier scheint es einen Cache zu geben. Ruft eine Person mehrmals an, wird nicht jedesmal wieder im Internet geschaut. Ebenso gibt es, soweit ich das beobachtet habe, glaube ich keine Abfrage, wenn die Nummer im Telefonbuch gefunden wird. Wer die Umkehrsuche nicht möchte, der kann sie abschalten, um dann die Ethernetanbindung des Gigasets beispielsweise nur noch für die Webkonfiguration zu nutzen.
Immerhin funktioniert die neue QuickSync-Software auch über Ethernet. So kann man bequem mit dem Notebook irgendwo per WLAN oder sogar remote verbunden sein und Veränderungen vornehmen. Das ist super.
Im Großen und Ganzen hat das DX600A beeindruckende, von den IP-Geräten geerbte, Features, die es schon zu einer neuen Generation von ISDN-Gigaset-Geräten macht. Die Menüführung ist auch für Laien verständlich und einfach aufgebaut. Für den Durchschnittsnutzer reicht der derzeitige Funktionsumfang gerade so aus. Wer mehr will, muss auf Firmware-Updates warten, die uns hoffentlich noch einige Erweiterungen bescheren. Wer keine Zeit mit Bugs verbringen möchte, der sollte erst in einem Vierteljahr zugreifen... in der Hoffnung, dass Gigaset in der Zwischenzeit wirklich fleißig war. Das setzt aber wiederum einen guten Support voraus, der derzeit alleine wegen der vielen Anfragen wohl kaum realisierbar ist.
Viele Grüße,
Jirka