voipstation.de schrieb:
Inwieweit das nun eine kaufmännisch sinnvolle Erfindung ist, sei dahingestellt.
Eine Frage, die ich mir schon länger stelle.
Geht ein Nutzer, seines überdurchschnittlichen Telefonieaufkommens bewusst, in solche Verträge und hält kontinuierlich dieses hohe Level, passt er logischerweise nicht in die Mischkalkulation. Eine Mischkalkulation bei den Flats funktioniert nur bei schwankenden Aufkommen.
Die klassische Mischkalkulation mischt doch nicht den Verbrauch eines Nutzers, sondern Nutzer mit weniger und mehr Gesprächsaufkommen. Bei einer Fixierung auf einen Nutzer wäre der Verkauf von Zeitkontingenten wesentlich sinniger und vor allem seriöser (eventuell sogar mit Rückerstattung bei extremer Unterschreitung und Nachzahlung bzw. Beitragserhöhung bei Überschreitung - machen Versicherungen ja auch).
Eine Flatkalkulation allerdings bewusst mit permanent hohem Aufkommen zu belasten, ist nicht die Idee der Flat.
Das mag zwar richtig sein, allerdings sollten das i) die Provider den Kunden dann auch mal sagen, ii) ihre Flatrate nicht Flatrate nennen und iii) in der Werbung keine Kundentäuschung betreiben.
Hierbei sollen keine Schwankungen aufgefangen werden, sondern bewusst der Anbieter belastet werden.
Dies wäre eine vorsätzliche Schädigung des Anbieters, der man rechtlich entgegen gehen kann. Was der Kunde bewusst macht, ist sich ein Angebot suchen, mit dem er seine Gespräche möglichst günstig abwicklen kann. Das Etikett machen immer noch die Anbieter.
Selbst im Ursprung der Begriffs gibt es solche Modelle nicht. Wird in einer Mietwohnung dauerhaft duch weitere Personen oder erhöhten Wasserverbrauch, mehr Hausmüll, ect., das Solidarmodell Mehrfamilien Mietobjekt belastet (Nebenkosten steigen für alle), wird wieder einzeln nach Verbrauch abgerechnet und selbst die reinen Mietkosten werden neu bewertet.
Deswegen ist die Personenzahl ja auch normalerweise im Mietvertrag festgehalten und bei Änderung werden die Nebenkostenanteile neu bestimmt und die Miete evtl. neu festgelegt. Es steht den Providern frei ein Vertragsmodell anzubieten, das so etwas beinhaltet. Der springende Punkt ist, dass sie dies nicht tun. Es ist nun mal das bindend, was in den Verträgen steht und nicht, was sich ein Vetragspartner vorstellt, wie ihm der Vertrag am besten in seine Kalkulation passt. Es wird doch eher umgekehrt ein Schuh draus: Was sind das für Geschäftsleute, die Angebote auf den Markt werfen, die sich aufgrund ihrer eigenen Kalkulation nicht rechnen können, wenn sie jemand nutzt?
So wie die "Flatrates" zur Zeit angeboten werden, können sie nicht funktionieren. Jeder Nutzer, der im Mittel unter den Kosten einer Flatrate liegt, wird keine nehmen, er ist ja nicht dazu gezwungen. Damit fehlt der Ausgleich für den Provider, um Nutzer mit hohem Verbrauch abzufedern, und der Korridor, in dem es sich für Provider und Kunde rechnet ist relativ schmal. Der Provider ist sich dessen bewusst und packt entsprechende schwammige Klauseln ("übermäßiger Gebrauch") in die AGB. Ich persönlich halte diese Teile der AGB für unwirksam, da sie i) bei einer beworbenen unbegrenzten Nutzung für den Kunden überraschend sind und ii) der Erfüllung des beworbenen Vertragsgegenstandes entgegen stehen.
Da fragt man sich, warum Provider weiterhin ein Angebot auf den Markt bringen, was sich nur lohnt, wenn es keiner wie beworben nutzt. Ich schrieb oben, dass ein Nutzer, für den sich das nicht rechnet, die Flatrate nicht nehmen wird. Das ist aber so nicht richtig. Ich kenne einige, die eine solche Flatrate (vorzugsweise bei einem bestimmten großen Provider) haben, und für die es sich nicht rechnet - und vor allem, ohne dass es ihnen bewusst war! Die haben ihre Telefonrechnung gesehen und die 9.90 Euro in der Werbung und gedacht, das ist ja günstig. Dass das aber nur Festnetz ist, wurde übersehen. Würden stattdessen 1500 oder 2000 Minuten ins Festnetz für denselben Preis verkauft, würden die von dieser Gruppe nicht gekauft, obwohl es preislich dasselbe wäre - sie würden aber vorher rechnen!
Meine Krankenversicherung macht mich darauf aufmerksam, wenn es für mich besser ist, die Arztrechnung selbst zu zahlen und stattdessen die Beitragsrückerstattung zu nehmen. Ich kenne keinen großen Telefonieprovider, dem es einfallen würde, einem Kunden zu sagen, dass er nun ein oder zwei Jahre eine Flatrate hatte, sich diese für ihn aber nicht gerechnet hat und er doch besser auf sie verzichten sollte.
Flatrates in der heutigen Form dienen zum Kundenfang. Sollten irgendwann die Kunden, für die sich das nicht lohnt, keine mehr wollen, wird sich dieses Modell so schnell in Luft auflösen wie es die Schmalbandflatrates auch getan haben. Eventuell wird es dann sinnvolle Angebote geben. Solange halte ich das Gejammere der Provider für heuchlerich - sie sind schließlich die, die die Gestaltung von Verträgen und Werbung in der Hand haben. Wie war das nochmal mit Angebot und Nachfrage?
Edit:
@gandalf: 100% Zustimmung